Pädagogik
Um Peter das Latein beizubringen,
muss ich als Lehrer zuerst Peter kennen,
dann erst das Latein.
Diese alte Pädagogikregel wird allzu oft vergessen. In unserem Musikunterricht ist der Unterrichtsstoff über das Kind gestellt.
Es ist das Kind, das entscheidet, was es versteht, behält und lernt.
Claude-Henry Joubert
Zoltán Kodály sagte:
Ein Programm für die kleinen Kinder muss gut durchdacht und eindeutig sein und nur die fähigsten Lehrer sollten kleine Kinder unterrichten dürfen.
Der erste Gedanke bei der Gestaltung eines Solfègeprogrammes muss sein, das Kind zur Musik hinzuführen. Dazu ist der Theorieunterricht und der “sur son donné” nicht geeignet. Ein Lehrer, der einen guten Musikunterricht machen möchte, muss sich vom alten Theorieunterricht verabschieden. Kinder unter 11-12 Jahren können noch nicht abstrakt denken. Der Theorieunterricht ist jedoch ein ausschließlich abstraktes Fach. An Stelle der Theorie muss die Intonation, die Solmisation mit den Vorzeichen der Intervalle treten. Nur die innere Vorstellung des Klanges mit der korrekten Solmisation der Intervalle befähigt das Kind, sich die Notenschrift vorzustellen, sie vom Blatt zu singen, Diktate zu verstehen und aufzuschreiben.
Ein sinnvolles Programm würde die Arbeit des Lehrers/Professors gut unterstützen. Unter der Rubrik: “Bücher - Bücherinhalt”, und in meiner Publikation “Einführung” ist beschrieben, wie Prüfungen abgehalten werden können. Diese Anregungen sind Hinweise, wie ein Programm gestaltet werden kann.
Claude-Henry Joubert schreibt:
Fragen Sie nicht ein Kind, Elemente wahrzunehmen, zu erkennen und zu unterscheiden, die es nicht praktisch ausüben kann. Das Lernen von theoretischen Begriffen muss ohne Zweifel in diesem Stadium an der praktischen Ausübung der Musik kleben.
Jean Bourjade schreibt:
Es ist ein pädagogischer Fehler, von einem Kind mit 10-11 Jahren eine abstrakte Überlegung zu verlangen, dessen Intelligenz sich nur auf der Ebene der konkreten Erfahrung bewegen kann. So schafft man nur leere Worthülsen.
Prof. Dr. Eckart Altenmüller und Dr. Wilfried Gruhn, Musikpädagogen, schreiben:
Für die Praxis der Musikerziehung ist die Erkenntnis von höchster Relevanz, dass der Erwerb musikalischer Vorstellungen an körperlich durch Bewegen, Singen und Spielen erworbenen Mustern ansetzen muss, bevor begriffliche Benennung, symbolische Übertragung (Notation) und theoretische Erklärung sinnvoll hinzutreten können. Musik kann nur musikalisch und nicht über Begriffe und Regeln gelernt werden.
Paul Hindemith schreibt:
Es ist unsinnig, Intervalle, Tonleiter und Akkorde nur theoretisch zu behandeln.
Ich fasse zusammen:
Musik ist Klang und Musiktheorie klingt nicht. Ein Theoriebegriff hat nur Sinn, wenn er in Verbindung mit der akustischen Vorstellung des Begriffes steht. Alles andere ist unnütz, ist Zeitvergeudung.
Da die Kinder praktisch veranlagt sind, verwende ich Hilfsmittel: eine Rhythmus-Sprache zum Lesen der Rhythmen und Handzeichen zur Darstellung der Töne und Notennamen. Sie dienen dazu, dem Kind die abstrakte Notenschrift verständlich zu machen.
Gehör und Verstand zu schulen ist Aufgabe des Solfègeunterrichts
schreibt Zoltán Kodály. Deshalb steht im Zentrum meiner Bücher die Rhythmusbildung, die Gehörbildung, die Intonation und Solmisation der Intervalle, der Akkorde, der Tonleitern und Melodien, das Begreifen der Tonarten, die innere Vorstellung des Klanges der Notenschrift. Die Solmisation der Intervalle, der Akkorde und den Tonleitern geschieht mit der Aussprache der Vorzeichen. Das Ziel ist, die Schüler zu befähigen, Melodien mit den Silben der “Do-majeur” Tonreihe zu singen und dabei im Inneren die Vorzeichen und die Tonarten zu denken und zu fühlen! Nur so kann der Schüler einen Notentext verstehen und ihn wiedergeben.
Der in den Büchern beschriebene methodische Weg zum Lernen der Solfègeübungen soll der Lehrer/Professor gut kennen!
Viele pädagogische und praktische Informationen befinden sich in meinen Publikationen "Mir maache Musek":
- Einführung
- Le pouvoir d’assimilation des élèves de solfège sur les plans du rythme, de l’intonation et de l’ouïe musicale
- und in allen Lehrerbüchern.
Singen ist das Fundament zur Musik in allen Dingen.
Wer die Komposition ergreift, muß in seinen Sätzen singen, wer auf Instrumenten spielet, muß des Singens kundig sein.
Also präge man das Singen jungen Leuten fleißig ein!
Georg Philipp Telemann (1681-1767)